Madagaskar Mosambik

Reisebericht aus dem Sanella-Album Afrika

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Wir lagen vor Madagaskar

In Mozambique wollte Böhlau mit uns das afrikanische Festland verlassen und einen kurzen Abstecher nach Madagaskar machen. Wir gingen zum Hafen, um ein geeignetes Schiff für die Überfahrt nach Mayunga, einer Hafenstadt an der Westküste Madagaskars, zu finden. Erst in einer Woche fuhr ein Schiff. Es war ein französischer Küstendampfer. Sein Kapitän sagte uns, daß er in drei Tagen die 500 Kilometer breite Meerenge zwischen Madagaskar und dem Festland überqueren würde. Wir baten unseren Doktor, etwas von seinem umfangreichen Wissen über die Insel zum besten zu geben. Madagaskar, so führte er aus, gehöre eigentlich gar nicht zu Afrika, obwohl die Insel geographisch dem schwarzen Erdteil am nächsten liegt. Madagaskar ist die Heimat schönster Vertreter der Vogelwelt, buntester Schmetterlinge, großblütigster Orchideen und höchster Urwaldriesen. Aber auch die Gefahren sind dort größer als irgendwo. Mancher Forscher und Sammler, der in diese märchenschöne Welt vorstieß, um die buntschillernden Schmetterlinge, funkelnden Kolibris und anderen Ziervögel zu fangen oder auf die phantastischen Orchideenwunder mit ihrem süßen betäubenden Duft Jagd zu machen, wurde Opfer der tausendfältigen Gefahren. Die Bewohner von Madagaskar haben völlig andere Lebensgewohnheiten und nichts mit den Sitten und Gebräuchen der afrikanischen Neger zu tun.

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Man könnte eher davon sprechen, daß Madagaskar und die Inseln der Südsee zusammengehören. Sollte das stimmen, wäre das Rätsel um Madagaskar noch größer. Denn wie läßt sich die Verwandtschaft der Bewohner von Madagaskar mit den Eingeborenen der Südsee erklären? Über eine Karte gebeugt, schaute ich mir Madagaskar gut an. In der Schule hatte ich von dem venezianischen Weltenbummler Marco Polo gehört, der als erster Weißer seinen Fuß auf Madagaskar setzte. Ich wußte auch, daß das Klima der Insel das ungesündeste der ganzen Welt ist. Nach dreitägiger Dampferfahrt landeten wir in Mayunga. Die Behörden waren hier sehr freundlich. Man bewunderte unsere Filmgeräte, und ein hoher französischer Kolonialbeamter lud uns sogar in sein Haus. Er stammte aus Paris, und Dr. Freytag, der dort studiert hatte, konnte sich angeregt mit ihm unterhalten. Wir wollten nicht allzulange auf Madagaskar bleiben. Die Gefahr der Erkrankung war groß. Keiner von uns wollte sein Leben unnötig aufs Spiel setzen. Darum änderte Böhlau seinen Plan, die ganze Insel zu durchstreifen. Dafür sollte es in das Bongolavagebirge und von dort nach Morondawa gehen. Die Bucht von Mayunga überquerten wir in den eigenartigen Booten der Eingeborenen. Das waren Einbäume, die nach beiden Seiten Schwimmkörper ausgelegt hatten wie bei einem Wasserflugzeug, so daß ein Kentern unmöglich war. Wir nahmen uns jeder eines dieser Fahrzeuge, verstauten unsere Filmgeräte und Lebensmittelvorräte, und dann begann ein lustiges Wettrennen zwischen den vier Booten. Nach der Überfahrt zogen Böhlau und Dr. Freytag in ein Eingeborenendorf, um einige Träger für unsere Reise anzuwerben. Sie kamen mit sechs stämmigen Männern zurück, die von nun an unser Gepäck schleppten. Wir brachen noch am gleichen Tage auf und erreichten müde den Rand des Urwaldes.

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Mosambik, Madagaskar, Mayunga , Bongolavagebirge, Morondawa, Afrika